Liebe Unterstützer*innen,

während Rüstungskonzerne Rekordgewinne einfahren, die Türkei ausgerechnet die Frauenrechtskonvention mit Füßen tritt, die Istanbul im Namen trägt, und die Pandemie weiter wütet und weltweit Leben kostet, möchten wir diesmal einige positive Entwicklungen entgegensetzen, denn auch Menschenrechtsaktivist*innen brauchen positive Impulse.

35 Jahre Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechtelink

Am 26. April jährte sich der Super-GAU von Tschernobyl, der 1986 auf erschreckende Weise auch einer breiten Öffentlichkeit das Ausmaß des atomaren Wahns enthüllte. Der „Unfall“ vor 35 Jahren erinnert an die Gefahren der Atomkraft, welche deren Lobbyisten derzeit fälschlicherweise wieder als „Lösung“ zur Überwindung der Klimakrise verkaufen wollen. Für uns als Aktivist*innen für die Rechte der indigenen Völker beginnt die nukleare Bedrohung jedoch bereits mit dem Uranabbau, der häufig auf dem Gebiet der indigenen Völker stattfindet – denken wir nur an den Südwesten der USA oder an Saskatchewan in Kanada und die Verseuchung von Mensch und Natur. Auf dem Land der Indigenen wurden auch die Atombomben getestet – die Western Shoshone in Nevada leiden noch heute unter den Folgen – und immer wieder gibt es Überlegungen, auch den Atommüll auf deren Land zu „entsorgen“.

Der Kampf gegen die Atomkraft hat unsere Arbeit seit Anbeginn begleitet. Und tatsächlich haben wir uns im April 1986 gegründet. Feiern können wir in diesen Zeiten unser 35-jähriges Vereinsjubiläum zwar nicht mit einem großen Fest, aber wir können das Jubiläum zum Anlass nehmen, um daran zu erinnern, wie wichtig das Engagement für die Rechte der indigenen Völker ist, und die bisherigen Erfolge zum Anlass nehmen, unseren Einsatz auch in Zukunft fortzusetzen.

Indigene in wichtigen Positionenlink

Der hartnäckigen Forderung nach Anerkennung indigener Rechte ist es nicht zuletzt zu verdanken, dass mit der neuen Regierung unter Joe Biden in den USA nun wichtige Posten mit Indigenen besetzt werden, insbesondere indigenen Frauen. Ihre Sichtbarkeit in politischen Entscheidungspositionen (auch außerhalb der Regierung) war uns stets ein wichtiges Anliegen. Frauen prägen derzeit das Gesicht des Widerstands: Von den Pipelineprotesten – u.a. Winona LaDuke, Tara Houska, Freda Huson – über nachhaltige Energieinitiativen – u.a. die Solarprojekte von Melina Laboucan oder Wahleah Johns – bis zu Regierungsämtern.

Am prominentesten ist natürlich Deb Haaland (Laguna Pueblo) zu nennen, die als erste Indigene als US-Innenministerin berufen wurde. Haaland und Sharice Davids (Ho-Chunk) waren 2018 die ersten indigenen Frauen, die in das US-Abgeordnetenhaus gewählt wurden – aber sie sollten nicht die letzten bleiben.

Carletta Tilousi von den Havasupai, eine langjährige Anti-Atom-Aktivistin, wurde nun zur Vizevorsitzenden des neu gegründeten White House Environmental Justice Advisory Council benannt. Sie kennt die Auswirkungen von Klimawandel und atomarer Bedrohung aus eigener Erfahrung, denn die Havasupai leben am Grund des Grand Canyon, wo sie sich gegen die Bedrohung durch Uranminen in ihrer Region wehren müssen.

Wahleah Johns wurde als Leiterin des „Office of Indian Energy Programs”, also für indigene Energieprogramme des US-Umweltamts (Environmental Protection Agency) berufen. Die Dineh ist zudem Gründerin des Unternehmens „Native Renewables“, das günstige Solaranlagen im Reservat installiert, und Direktorin „Navajo Green Economy Commission“.

Deb Haaland zur Seite gestellt werden soll Tracy Stone-Manning als Stellvertretende Innenministerin und Leiterin des Bureau of Land Management, das rund 400.000 km2 öffentliches Land verwaltet, darunter auch ein Drittel der nationalen Öl-, Gas- und Kohlevorkommen. Stone-Manning ist zwar keine Indigene, aber eine erklärte Umweltschützerin und Aktivistin, die früher bei Earth First arbeitete und zuletzt für die National Wildlife Federation tätig war. Stone-Mannings Bestätigung durch den Senat steht zwar noch aus, aber Bidens Personalpolitik lässt auf eine Stärkung der indigenen und grünen Politik hoffen, die ihre Umsetzung im „New Green Deal“ finden soll. Doch darüber wird der US-Kongress befinden – und natürlich unser Magazin COYOTE ausführlich berichten.

ILO-Konvention 169 verabschiedetlink

Als die derzeitige Regierung aus CDU/CSU und SPD die Verabschiedung der ILO-Konvention 169 in ihren Koalitionsvertrag schrieb, wagten wir kaum zu hoffen, dass aus der Absicht Realität werden würde. Seit Jahrzehnten haben sich Menschenrechtsaktivist*innen für die Ratifizierung der Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation eingesetzt, denn sie enthält als verbindliches Dokument auch die Anerkennung indigener Rechte.

Zur großen Freude unseres ILO 169 Koordinationskreises Deutschland (https://www.ilo169.de/), der sich seit Jahren für die Durchsetzung der ILO 169 einsetzte, hat der Deutsche Bundestag das Gesetz am 15.04.2021 verabschiedet (siehe Presseerklärung im Anhang). Ein wichtiger Meilenstein, doch nun müssen Taten folgen…

Indigene Filme beim Dok.fest Münchenlink

In Anlehnung an die Frankfurter Buchmesse 2020/2021, bei der Kanada als Gastland kooperiert, hat auch das diesjährige Dokumentarfilmfest München einen Schwerpunkt zu Kanada. Unter den sechs Beiträgen gibt es zwei Dokumentationen, die sich speziell mit indigenen Themen auseinandersetzen.

„Je m’appelle humain“ („Call Me Human”), Regie: Kim O’Bomsawin (Kanada, 2020, 78 Min., frz./Innu mit engl. Untertiteln)link

Die Innu Joséphine Bacon wurde im nordwestlichen Québec geboren und hat trotz langer Jahre in einem Internat für „Indianerkinder“ nie die Verbindung zu ihrer Kultur verloren. „Innu“ bedeutet in ihrer Sprache „Mensch“. Mit über 60 Jahren begann sie, ihre Gedichte zu veröffentlichen und gilt inzwischen als anerkannte Dichterin. „In der Sprache der Innu gibt es kein Wort für Dichtkunst“, so Joséphine, „aber das brauchen wir auch nicht, da wir durch unser Leben in Harmonie mit Wasser und Land die Poesie in uns tragen.“ Die indigene Regisseurin Kim O’Bomsawin hält mit Joséphine Bacon Rückschau auf ihr Leben und reist mit ihr und engen Freundinnen in das Land ihrer Ahnen.

In ihrem letzten Film „Quiet Killing“ (2018) behandelte Kim O’Bomsawin (Abenaki) die Gewalt an indigenen Frauen.

„Kimmapiiyipitssini: The Meaning of Empathy“, Regie: Elle-Máijá Tailfeathers (Kanada, 2021, 124 Min., engl./Blackfoot)link

„Kímmapiiyipitssini: Mitgefühl“ – das ist der Weg, den die Ärztin Esther wählt, um den Problemen ihrer Gemeinde zu begegnen. Wachsender Drogenkonsum, Obdachlosigkeit, fehlende Zukunftsperspektiven. Noch immer haben die Blackfeet der Kainai First Nation im Süden der kanadischen Provinz Alberta mit den Folgen und generationenübergreifenden Traumata der Kolonialisierung zu kämpfen. In ihrem sensiblen Langzeitporträt begleitet die Filmemacherin Elle-Máijá Tailfeathers, selbst Angehörige der Kainai First Nation, Helfende wie Hilfesuchende – die Grenzen sind fließend. Atemberaubende, die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten heraufbeschwörende Landschaftsbilder kontrastieren mit harten Fakten der Gegenwart.

Coronabedingt findet auch das diesjährige Dokumentarfilmfestival vom 06.-23.05.2021 digital statt und ermöglicht daher auch einem Publikum außerhalb Münchens, die Filme online zu sehen: https://www.dokfest-muenchen.de/link-external

Nationaler Tag gegen Gewalt an indigenen Frauen in den USAlink

2018 erklärte der US-Kongress den 5. Mai zum „National Day of Awareness for Missing and Murdered Native Women and Girls”, um der katastrophalen Situation der Gewalt an indigenen Frauen und Mädchen mehr Aufmerksamkeit zu verleihen. Nach Angaben des Justizministeriums werden indigene Frauen zehnmal häufiger Opfer von Mord als im US-Durchschnitt. Bislang gibt es kaum koordinierte Daten und Statistiken, doch dies will Innenministerin Deb Haaland nun mit einer „MMIW Unit“, also eines Sonderprogramms zur Untersuchung der Fälle ändern.

Mit unserer Solidarität können wir dazu beitragen, das öffentliche Bewusstsein für diese Femizide, deren Ursprünge in systemischen Rassismus und den Folgen des Kolonialismus liegen, zu stärken.

Wir bitten daher, Bilder mit einer Solidaritätsbotschaft am 5. Mai auf den sozialen Medien zu posten (siehe Anhang). Einfach ein Foto mit dem Soli-Schild aufnehmen und posten.

Spendenaufruflink

Normalerweise unterstützen wir als politische Organisation keine Einzelpersonen finanziell, doch diesmal möchten wir eine Ausnahme machen.

Milo Yellow Hair, Oglala Lakota vom Pine Ridge Reservat in South Dakota, ist seit Mitte der 1980er Jahre ein enger Kooperationspartner der europäischen Unterstützungsorganisationen, insbesondere im Kampf um die heiligen Black Hills. Nun bittet er um Solidarität und Unterstützung.

Sein Bruder Thomas Dwight Yellow Hair, der lange in Helsinki, Finnland lebte, ist dort kürzlich verstorben. Es war stets sein größter Wunsch, zuhause in Wounded Knee bei seiner Familie und dem Land der Lakota auf Pine Ridge in South Dakota, USA, bestattet zu werden. Der 1957 geborene Aktivist war u.a. Teilnehmer beim „Longest Walk“ von Alcatraz nach Washington 1978, um die Rechte der Indigenen einzufordern.

Die Familie möchte Thomas nun nachhause holen, doch die Kosten der Überführung belaufen sich auf ca. $10.000, welche die Familie aus eigener Kraft nicht finanzieren kann. Sie bittet daher um Spenden auf der Plattform https://gofund.me/5b185dd8.link-external Auch jede kleine Spende hilft, um Thomas nachhause zu bringen.

Zuversicht, Hartnäckigkeit und Leidenschaft haben uns die letzten 35 Jahre begleitet – diese werden wir auch weiterhin der Unterstützung der indigenen Völker widmen.

Herzliche Grüße

Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
Frohschammerstraße 14
D-80807 München

+49-89-35651836 +49-173-9265932

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Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (AGIM) ist ein gemeinnütziger Verein (gegr. 1986) zur Unterstützung der Rechte der indigenen Völker Nordamerikas und Herausgeberin des Magazins COYOTE.

AGIM e.V. (Action Group for Indigenous and Human Rights, est. 1986) is a non-profit human rights organization dedicated to supporting the right to self-determination of Indigenous peoples in North America. We publish a quarterly magazine COYOTE.

Bankverbindung: IBAN DE28 7015 0000 0017 2234 70 / BIC: SSKMDEMM / Stadtsparkasse München

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