Photographische Reisen von Alaska bis Feuerland
von Robert Stark
(veröffentlicht 1/2003)
An Bildbänden mit historischen Photographien von Indianern herrscht auf dem Buchmarkt kein Mangel. Zu verschiedenen Anlässen sind wir bereits im Coyote auf dieses Phänomen eingegangen, häufig mit sehr kritischen Untertönen. Die permanente Wiederholung der gleichen Bilder in Bildbänden, Kalendern und Postkartenserien – allen voran einige Dauerbrenner aus dem Repertoire des Indianerphotographen Curtis – lassen fachkundige Leser nur noch ermüdend abwinken. Wenn hier erneut ein Bildband besprochen wird, dann vor allem deshalb, weil er sich aus dem breiten Spektrum vergleichbarer Angebote in vielerlei Hinsicht abhebt. Die hervorragende Qualität der Wiedergabe, die gelungene Bildauswahl und kompetente Texte machen das Buch auch für Kenner der Materie zu einer spannenden Lektüre und einem attraktiven Sehvergnügen. Sowohl das ungewöhnliche, inhaltliche Konzept, als auch die gediegene, äußere Aufmachung verdienen höchste Anerkennung.
Die Ausstellung hat Ihren Ursprung in einem Projekt, dass die fotographischen Dokumente aus dem Archiv des Museums für Völkerkunde Hamburg einer Bestandsaufnahme unterzog. Über Jahrzehnte hinweg wurden diese Bilder stiefmütterlich behandelt. Sie galten eher als Anschauungsmaterial für Lehrzwecke, denn als wissenschaftliche Dokumente. Schließlich wurde die ethnologische Photographfie trotz Ihrer Subjektivität – die letztlich ja allen Beschreibungsformen innewohnt – doch als wertvolles Quellenmaterial rehabilitiert. Das neu erwachte Interesse brachte zahlreiche ethno- und photohistorische Schätze, die nie richtig inventarisiert worden waren, ans Licht. Insbesondere die Bestände zu Amerika waren von unerwarteter Vielfalt und Qualität. Diesen Reichtum einem breiten Publikum vorzustellen, war Motivation der Ausstellung. Man merkt dem Buch an, dass die Organisatoren der Ausstellung aus einem gewaltigen Fundus schöpfen können. Aus über 12.000 Bildträgern haben Sie nach photographischen, ästhetischen und ethnographischen Gesichtspunkten besonders wertvolle Aufnahmen ausgesucht. In mehreren Kapiteln des begleitenden Katalogs interpretieren Fachleute jeweils eine Sammlung von Aufnahmen zu einem bestimmten Thema vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes.
Drei Aufsätze widmen sich dem Thema unter photographischen Gesichtspunkten und erläutern die zeitgenössische Phototechnik sowie die zeitgeschichtlichen Hintergründe und Motivationen der Indianerphotographie in Nord- und Lateinamerika. Sieben Aufsätze sind dem Persönlichkeits-profil früher Indianerphotographen gewidmet. Die Mehrzahl der Aufsätze beschäftigt sich mit Südamerika. Nordamerika ist ein Artikel über Frederick Weygold gewidmet. Das Werk dieses bei den Oglala-Lakota tätigen Photographen hat bereits Wolfgang Haberland anhand der Bestände aus Hamburg zu einem früheren Zeitpunkt vorgestellt (W. Haberland 1986: Ich Dakota. Berlin). Belegexemplare dieser hochinteressanten Aufnahmen dürfen natürlich in dieser Gesamtdarstellung der Bestände nicht fehlen und werden bei den zwölf Artikeln zum ethographischen und historischen Kontext bestimmter Themenkreise nochmals ausführlich behandelt.
Der rund 250 Seiten lange Bildteil besticht durch ausgezeichnete Druckqualität und eine großartiges Panoptikum meist neu vorgelegter Aufnahmen, die immer wieder neue Aspekte indianischer Kulturen in Nord- und Südamerika vorstellen. Kurzbiographien der Photographen und eine Bibliographie runden das Werk ab. Eine Meisterleistung!
Indianer. 1858 – 1928. Photographische Reisen von Alaska bis Feuerland. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung vom 28.04.2002 – 15.06.2003. Hrsg. von Eva König.Edition Braus 400 Seiten. Opulent bebildert.