Ungeachtet der Bemühungen, dem Thema in der Öffentlichkeit mehr Beachtung zu beschaffen, sind Femizide weiterhin ein “Nischenthema”, das nur einmal im Jahr zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen mit vollmundigen Bekundungen beschworen wird.
Dies gilt umso mehr, wenn es um die Situation von indigenen Frauen und Mädchen geht — und zwar in den Ländern der sogenannten Ersten Welt: USA und Kanada.
Die Krisen der Welt — der Krieg in der Ukraine, der Nahostkonflikt, zunehmende Klimakatastrophen — überfordern uns alle, aber dennoch dürfen wir jene nicht ignorieren oder gar im Stich lassen, die kaum über eine Lobby verfügen und unserer Solidarität bedürfen.
Indigene Frauen in Kanada bilden zwar nur knapp 5% der Bevölkerung, doch 25% der ermordeten Frauen und Mädchen in Kanada sind indigener Herkunft. Sie werden als Frauen und als Indigene diskriminiert. Nur eine weitere Indianerin? Das ist häufig der gleichgültige Kommentar einer Gesellschaft, die sich gerne als das bessere Amerika präsentiert. Dass auch bereits 12-Jährige vergewaltigt, ermordet und wie Müll entsorgt werden, weil sie indigener Herkunft sind, wird dabei einfach verdrängt. Rund 4000 indigene Frauen wurden in den letzten drei Jahrzehnten bekanntlich allein in Kanada ermordet.
Die liberale Regierung unter Premierminister Justin Trudeau, der sich gerne selbst als Feminist bezeichnet, hatte nach Jahrzehnten des Bemühens von indigenen und Menschenrechtsorganisationen eine Kommission zur Untersuchung der rassistischen Femizide an indigenen Frauen und Mädchen berufen, die in ihrem Abschlussbericht 2019 nicht nur die Situation als Völkermord an den indigenen Völkern bezeichnete, sondern auch 231 Forderungen an die Regierung richtete. Vier Jahre nach dem Bericht der Untersuchungskommission hat die Regierung nach Informationen des Yellowhead Institute lediglich zwei der Forderungen umgesetzt.
Traditionell verfügten indigene Frauen über eine respektierte und einflussreiche Position in ihren Gesellschaften, doch im Zuge der Kolonialisierung wurde diese Stellung untergraben. Nicht zufällig haben die Vereinten Nationen ihre jährliche Kampagne “16 Tage gegen Gewalt an Frauen” dieses Jahr unter das Motto “No Excuse” gestellt. Denn für die Ignoranz gegenüber der Gewalt an Frauen gibt es weder Ausreden noch schwammige Entschuldigungen. Bereits seit 1981 wird von Menschenrechtsorganisationen im November der Gewalt an Frauen gedacht. 1999 erklärten die Vereinten Nationen den 25. November zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Gerade die marginalisierten indigenen Frauen und Mädchen bedürfen unserer Solidarität.
Für Nachfragen, Interviews und Fakten stehen wir gerne zur Verfügung.
Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
post@aktionsgruppe.de
Mobil: +49-173-9265932
Die Europäische Allianz zur Unterstützung des Selbstbestimmungsrechts für indigene Völker (European Alliance fort he Self-Determination of Indigenous PeopleS) ist der internationale Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen in Europa (Deutschland, Frankreich, Österreich und Schweiz), die sich seit Jahrzehnten für die Rechte indigener Völker — vorwiegend in Nordamerika — engagieren:
- Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte (AGIM), München, Deutschland;
- Arbeitskreis Indianer Nordamerikas (AKIN), Wien, Österreich;
- Comité de Solidarité avec les Indiens des Amériques (CSIA-Nitassinan), Paris, Frankreich;
- Internationales Komitee für die Indigenen Amerikas Schweiz (Incomindios), Zürich, Schweiz;
- Menschenrechte 3000 e.V. (Human Rights 3000), Freiburg, Deutschland;
- Tokata-LPSG RheinMain e.V.; Seligenstadt, Deutschland;
- Verein zur Unterstützung nordamerikanischer Indianer (ASNAI), Berlin, Deutschland.
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