„Songs in the Tsistsistas-Language“
von Peter Strubl
(veröffentlicht 4/1999)
Auf einer ausgedehnten Lesereise durch Süddeutschland und Sachsen stellten Lance Henson Tsistsistas (Cheyenne)-Dichter aus Oklahoma und die Big Mountain Aktionsgruppe das neue Buch Lieder in der Sprache des Feindes“ vor. Der Gedichtband enthält neue Texte des Cheyenne Dog Soldiers, der nach der Anzahl der Übersetzung und Buchtitel als der am weitesten verbreitete indianische Autor weltweit gelten muss.
In seinen meist zweistündigen Lesevorträgen brachte Henson eine Gedichtauswahl aus dem neuen Buch zu Gehör, doch griff er auch auf Texte des ebenfalls in diesem Jahr in Mailand (!) erschienenen „Revolutionary Song“ zurück.
Um das Verständnis der komplexen sprachlichen Ausdrucksformen zu erleichtern, wurden die Gedichttexte, aber auch die Anmerkungen des Dichters, jeweils ins Deutsche übersetzt. Zum Höhepunkt der Lesungen entwickelte sich im Laufe der Tour der Zyklus „Zwölf Lieder in der Sprache des Feindes“, welcher dem Gedichtband den Namen lieh.
Historischer Hintergrund dieser Textgruppe ist die Flucht von Northern-Cheyenne-Familien aus Oklahoma in ihr Heimatland Montana im Winter 1878/79 unter der Führung einiger Dog Soldiers, wie etwa Little Fingernail, dessen einmalige Ledger Paintings heute im New Yorker Museum of Natural History aufbewahrt werden. Die Einzigartigkeit dieser Zeichnungen besteht unter anderem darin, dass sie die einzige bekannte Bildersammlung ist, welche nicht in der Gefangenschaft eines Ports entstand, sondern unterwegs auf der Flucht, in dem letzten Zustand von „Freiheit“, den die Cheyenne vor ihrer endgültigen Befriedung“ erfahren durften.
Lance Hensons Vorträge bieten nicht nur eine intensive Beschäftigung mit seinen Texten, sondern sind auch immer eine interessante und spannende Auseinandersetzung mit den historischen und gegenwärtigen politischen Fragen im Indianerland. Nebenbei erfährt man auch einiges über die Dog Soldiers, den Männerbund, der für die Selbstverteidigung der Cheyenne verantwortlich war und bis heute ist.
Dabei erklärt Lance Henson, dass sich die Dog Soldiers nicht nur gegen die Bedrohung ihres Volkes seitens der Regierung wehren, sondern auch gegen die Vereinnahmung der Cheyenne- Kultur durch europäische Möchtegern-Indianer. Er sieht sein Volk durch eine derartige kulturelle Enteignung bedroht, wie durch die Wirtschaftsinteressen von Unternehmen und Regierungen. Lance Hensons Gedichte bieten dagegen einen legitimen, wenn auch zugegebenermaßen nicht einfachen, Zugang zur heutigen Kultur der Cheyenne. Unterstützung könnte in diesem Fall auch bedeuten, sich mit diesen Texten auseinanderzusetzen, statt einem abgebrannten Pseudo-Medizinmann Geld für Zeremonien in die Tasche zu stopfen.
Die Lesungen, die von der BMAG in Zusammenarbeit mit lokalen Veranstaltern organisiert wurden, stießen aus unterschiedlichsten Gründen auf teilweise nur mäßiges Interesse. Dennoch waren die Zuhörer nach den Lesungen einhellig der Meinung, dass diese Texte ein wesentlich breiteres Publikum verdient hätten.
Wer also an einer Veranstaltung mit Lance Henson interessiert ist, sollte sich mit der BMAG in Verbindung setzen. Wir leiten Anfragen gerne weiter.